Eine Altherrentour....

Die Idee mal wieder nach Südtirol zu fahren, war sehr verlockend. Dazu die Planung keine Planung zu haben; also keine Sicherheit versprechenden Vorab-Buchungen von Hotels oder eine detaillierte Routenplanung. Einfach mit dem Autozug nach München fahren und dann sehen, wie es weiter geht. Für drei Männer, die sich inmitten oder schon jenseits einer Crisis befinden, ein mittelgroßes Abenteuer... Noch kurz die aktuellen Leberwerte und den Blutdruck beim Hausarzt checken lassen und schon konnte es losgehen.

Ich persönlich bevorzuge allerdings, vermutlich als Berufskrankheit, ein Mindestmaß an Planungssicherheit. Daher hatte ich als Überlebensstrategie einige Hoteladressen als Druckversion bei mir. Andererseits war ich schon so oft in den Bergen, dass ich keine großartige Routenplanung mehr brauche und notfalls noch ein paar kampferprobte Unterkünfte im Hinterkopf habe. Somit stand fest: Untergehen, verhungern oder verdursten werden wir, nach sorgfältiger Abwägung aller Risiken, nicht!

Also ab nach München und auf in's Abenteuer......

In München schlagen wir am Donnerstag um 6.30 Uhr auf. Es ist heftig kalt; das Thermometer zeigt nur lausige fünf Grad an. Die Moppeds sind zügig vom Zug runter. Eine Zigarette noch und wir beschließen Richtung Osttirol zu fahren.
Route wäre über Tegernsee, Achensee, Zillertal und Gerlospass zum Felberntauern-Tunnel. Dann wären wir schon in Lienz und könnten entweder zum Iselsberger Hof oder auch ganz woanders hin.

Leider fällt die Temperatur außerhalb von München noch weiter in den Keller. Am Achensee sind es nur noch drei Grad! Ich rüste auf Winter um und versuche mittels Sturmhaube und Winterhandschuhen der Kälte zu trotzen. Was auch einigermaßen gelingt… Wann ich das letzte Mal bei drei Grad Aussentemperatur mit dem Motorrad unterwegs war will mir permanent nicht einfallen. Aber der weiß-blaue Himmel lässt hoffen, dass es im Laufe des Tages noch warm wird.

Und tatsächlich steigen im Zillertal die Werte steil an. Zeit für einen Kaffee bevor wir den den Gerlos-Pass entern.....

Auf dem Gerlospass finden sich noch Reste Schnee. Bis vor ein paar Tagen hatte ein früher Wintereinbrauch die Gegend im Griff.
Wir zahlen artig die paar Euro Maut. Ein erster Vorgeschmack auf die nächsten Kassenhäuschen, die noch folgen werden. Es geht runter nach Mittersill und dort hoch zum Felberntauern-Tunnel. Wieder Maut…. Kaum in Österreich und schon 12 Euro ärmer.

Bei einer kurzen Kaffeepause in Matrei gebe ich zum Besten, dass der Iselsberger Hof angeblich schwer einer Renovierung bedarf und lotse die Jungs daher über Lienz nach Lavant. Das in Lavant der Arsch begraben ist, verheimliche ich nicht. Aber vielleicht kann man im Lavanter Hof günstig unterkommen. Einen Versuch ist es jedenfalls wert…
Tatsächlich werden wir im Lavanter Hof sehr herzlich empfangen. Zimmer? Kein Problem! Abendessen? Klar, so viel ihr wollt. Bier? Auch genügend da! Auch die Zimmerpreise sind sehr günstig und Wirtin Bertina überzeugt durch ihre charmante Art.
Der Lavanter Hof ist einfach eingerichtet aber es genügt uns völlig. Das Essen ist großartig und in der Stube kommt man schnell mit anderen Gästen ins Gespräch, was sehr unterhaltsam war.

Grossglockner + Heiligenblut

Lavant liegt am Fuße der Grossglockner-Hochalpenstrasse. Die wollen wir auch am Freitag zuerst entern. Bis vor ein paar Tagen lag hier angeblich noch Schnee, was man auf der Anfahrt zur Franz-Josef-Höhe durchaus nachvollziehen kann.

Auf dem Weg machen wir in Heiligenblut eine kurze Zigarettenpause und schon geht's weiter.
Wir stoppen kurz am Glocknerhaus um Schnee zu fotographieren, fahren dann weiter bis zur Pasterze.
Den ursprünglichen Plan, die Grossglockner-Hochalpenstrasse bis Bruck zu Ende zu fahren und dann durch den Felberntauern-Tunnel zurück nach Lienz zu fahren, verwerfen wir kurzfristig.
Der Hunger treibt uns zurück nach Heiligenblut. Dort gibt es Leberkäs' mit Semmel für kleines Geld.

Da wir relativ früh wieder in Lavant sind, betätigen wir uns touristisch und machen uns zu Fuß auf den Weg zum Lavanter Kirchbichl.
Trotz des steilen Anstieges ein lohnenswerter Weg, da auf dem Weg alte Siedlungen aus der Römerzeit zu sehen sind. Und es gibt einen tollen Ausblick auf das Tal und die Schobergruppe.
Das Bier haben wir uns an dem Abend definitiv verdient!

Mölltal -Spittal - Maltatal

Am Samstag geht es recht entspannt durch das Mölltal nach Spittal an der Drau. Von dort wollen wir weiter zum Malta-Tal. Allerdings verlangt man auch dort 8,20 € Maut bis zum Ende der Strasse. Wir verzichten dankend; unser Budget für Österreichs Strassen ist erschöpft. Über die B100 fahren wir zurück nach Lavant.
Im Supermarkt in Dölsach kaufen wir noch ein paar Dosen Bier ein.
Außerdem müssen wir unseren Kram noch zusammen packen. Am Sonntag wollen wir weiter Richtung Südtirol.

Lienz- Pustertal - Grödner Joch - Wolkenstein

Sonntagmorgen verabschieden wir uns bei Bertina und machen uns auf den Weg nach Italien.
Raus aus Lienz geht es auf die B100. An der Grenze zu Italien tanken wir noch ein Mal. Mittagspause ist in Pfalzen wo ich mir den ersten Latte Machiatto gönne.
In St. Lorenzen geht es links Richtung Sellagruppe; die ersten Jochs warten.

Die Passhöhe des Grödner Jochs ist völlig zugeparkt; es ist halt Sonntag. Wir fahren dran vorbei und halten unterhalb des Grödner Jochs für eine Zigarette und eine Pinkelpause an. Immer wieder großartig der Blick auf das Grödner Joch und die Sella-Gruppe! Langsam wird es auch Zeit, sich Gedanken über ein Ziel zu machen. Da es vom Timing her passt würden sich Wolkenstein oder Sankt Ulrich anbieten.
Am Ortsausgang von Wolkenstein gibt es das Hotel Florian; Tourenfahrer-Partnerhaus. Kann also so verkehrt nicht sein.

Wir bekommen erstklassige Zimmer. Zwar nicht billig; aber für den Kurs sehr schön. Schon am ersten Abend wird klar, dass die Küche keine Gefangenen macht... Im Florian wird sehr authentisch südtirolerisch gekocht; mir verlangt es nach dem Menu dringend nach einem Grappa.
Und die Zimmer sind sehr gut ausgestattet. Solch ein großes Badezimmer habe ich noch nie in einem Hotelzimmer gehabt. Und sogar ein Flat-TV an der Wand....... Zudem haben wir das Glück, dass das Florian frisch renoviert ist. Fühlt sich alles an wie Erstbezug….

Wolkenstein - Ritten - Sarntal - Penser Joch - Lüsenertal - Würzjoch- Wolkenstein

Am Montag ist großartiges Wetter und wir machen uns auf die erste große Runde durch Südtirol. Von Wolkenstein durch das untere Grödnertal Richtung Ritten. Am Rittner Horn runter ins Sarntal; dann weiter zum Penser Joch wo wir Mittag machen.
Kurze Verbindunsgetappe über die SS12 Richtung Bozen.

Ich entdecke auf meiner Karte das Lüsenertal. Bin ich noch nie gewesen; also in Brixen der Ausschilderung gefolgt. Bis Lüsen hangelt sich die Strasse in weiten Bögen am Berg entlang. Hinter Lüsen wird es immer enger und schmaler. Würden uns nicht ein paar Autos und Motorräder entgegenkommen, wäre ich sicher: Wir sind völlig falsch und müssen dringend umkehren. Aber laut Karte führt der Weg bis kurz unter das Würzjoch.
Und plötzlich steht man hinterm Wald und ist tatsächlich kurz vor dem Würzjoch.
Die Abfahrt vom Würzjoch nach Klausen ist schmal wie eine Kartbahn. Wie hier zwei Pkws aneinander vorbei kommen sollen ist uns völlig schleierhaft.

Von Barbian nach Wolkenstein nehmen wir auf dem Rückweg die Alternativ-Route über Kastelruth. Leider laufen wir auf eine Horde Kleinwagen auf, die scheinbar gemeinsam den Langsamfahr-Rekord Italiens brechen wollen.

Rainy days......

Am Dienstagmorgen regnet es expansiv......

Wir frühstücken ausgiebig und fahren am Mittag mit dem Bus nach St. Ulrich, wo wir den ganzen Tag verbringen.
St. Ulrich stellt sich als sehr schöne Stadt heraus, wenn man sie nicht nur von der Bundesstrasse aus betrachtet. Man kann dort einkaufen, sich stundenlang in ein Café setzen und Leute beobachten oder Kirchen besichtigen.
Gegen fünf am Nachmittag fahren wir zurück ins Florian.
Mittwochmorgen hat der Regen nicht wirklich aufgehört; aber langsam tauchen die ersten blauen Streifen am Himmel auf.
Gegen elf beschließen wir, die Regenpause zu nutzen und die Sella-Runde abzuarbeiten.. Vor allem weil es am Nachmittag wieder regnen soll, halten wir das für eine pfiffige Idee.
Beim Abstieg vom Sellajoch beginnt es tatsächlich wieder zu regnen. Aber wir retten uns so gerade noch ins Florian…..

St. Ulrich - Bozen - Mendelpass - Gampen Joch - Meran - Vintschgau - Mals

Am Donnertag heißt es Abschied nehmen von St. Ulrich. Wir wollen noch für ein paar Tage in die Nähe des Reschensees oder notfalls auch weiter bis nach Vorarlberg. Auf jeden Fall steht das Stilfser Joch noch im Lastenheft; damit hätte ich in einer Saison die beiden höchsten Alpenpässe bereist. Auch was wert; auch wenn sich die Bewunderung der Reisegefährten deswegen in Grenzen hält....

Bis Bozen läuft alles nach Plan, bis wir aufgrund eines Navigationsfehlers Richtung Trentino abdriften und erst in Auer merken, dass hier etwas falsch läuft. Über kleine Nebenstrassen kommen wir zum Kalterer See wo auch schon bald der Mendelpass abgeht. Weiter über das Gampenjoch erreichen wir Meran.

Die Katastrophe im Vintschgau hat sich offensichtlich nicht wirklich geändert obwohl es nun einige Ortsumfahrungen gibt. Unmengen von Autos, LKW's und Traktoren drängeln sich auf der Bundesstrasse 40.
Am Nachmittag machen wir Pause in Schluderns und brainstormen über das Ziel. Dieter hat ein kleines Hotel in St. Valentin im Angebot und die Telefonnummer am Start. Angerufen, ausgebucht…
Mals liegt vor uns; warum also nicht bei Toni Stampfer in der Krone, der legendären RRD-Basisstation anfragen?
In Mals angekommen hat die Krone Ruhetag. Na großartig! Ich bin so frech und entere den Laden über den Hinterhof. Trotz Ruhetag haben wir innerhalb von fünf Minuten zwei Zimmer und sind herzlich willkommen. Toni hat nix von seinem Humor verloren und lässt sich auch von drei Überraschungs-Gästen nicht aus der Ruhe bringen. In der Krone scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Seit meinem ersten Besuch in 2000 hat sich offensichtlich nichts verändert und das ist gut so! Nur die Bar wurde sehr aufwändig umgebaut. Ich bekomme sogar das Zimmer in dem Andi und ich auf den ersten RRD's ever im Jahr 2000 gewohnt haben.

Stilfser Joch - Umbrailpass- Samnaun

Freitagmorgen, Kaiserwetter. Wenn auf's Joch dann heute! Am Wochenende steppt dort der Bär. Wegen einiger Überholmanöver verliere ich meine Mitreisenden. Da ich mich auf einer Altherren-Tour befinde gehe ich das Joch etwas ruhiger an und finde so zum ersten Mal ein paar Plätze zum Fotografieren.
Aus 20 Grad in Mals werden auf der Passhöhe knapp 5 Grad. Trotzdem ist dort die Hölle los. Ich gönne mir zur Feier des Tages eine Bratwurst-Semmel.
Über den Umbrail-Pass steigen wir in das Münstertal in der Schweiz ab. Da es noch recht früh am Nachmittag ist, fahren wir in Richtung Österreich um in das zollfreie Gebiet Samnaun zu gelangen. Toni Stampfer sagte uns am Morgen, dass es eigentlich nur für Spirituosen und Zigaretten lohnt dort einzukaufen. Mehr wollen wir ja auch nicht. Ausser billig tanken; an 1 € für einen Liter Super könnte man sich glatt gewöhnen…
Die Stange Lucky Strike kostet auch nur 33 €. Ein sehr sympathischer Ort…….!

Am Abend gehen wir in der Pizzeria "Lampl" essen.

Martell-Tal

Samstag lassen wir uns erst mal die Sonne auf den Pelz scheinen; den ganzen Vormittag verbringen wir im Garten der Krone. Erst am frühen Nachmittag können wir uns (nach einigen Espresso und Capuchino) aufraffen ins Martell-Tal zu fahren.

Münstertal - Ofenpass- Unterengadin

Am Sonntag fahren wir in die Schweiz. Bedingt durch das rigide (und imho völlig schwachsinnige) Tempolimit steht der Tag unter dem Motto "Die Entdeckung der Langsamkeit". Schon nach ein paar Minuten bin ich reichlich angenervt vom ständigen Auf-den-Tacho-kucken. Immerhin tröstet mich der Ofenpass und das grandiose Wetter. Durch den Unterengadin geht es über Martina noch kurz zum Reschensee und von dort auf wieder zurück nach Mals.

Mals- Landeck - Fernpass- Garmisch - München

Am Montag-Morgen geht es zurück Richtung München.
Wie wir erst in München von ein paar Leuten erfahren, zog ein übles Schlechtwettergebiet über Südtirol herein, vor dem wir so gerade eben noch aus Mals los kamen….
Eine Stunde später und es hätte uns voll erwischt. So bleibt es zwar kalt, aber erst Mal trocken. Noch ein Mal den günstigen Sprit in Österreich getankt und weiter über Landeck, Imst und Nassereith zum Fernpass.
Auf der Passhöhe des Fernpass fängt nun auch über uns an zu regnen… Also machen wir kurzen Prozess, fahren weiter bis Garmisch und dort auf die A95 bis München.